Achtsamkeitspraxis




Achtsamkeit im Alltag


Einige einfache Achtsamkeitsübungen werden weiter unten im Text beschrieben.


Achtsamkeit kannst du auch spielerisch oder tänzerisch üben. Zum Beispiel mithilfe der Spielraum-Angebote.


Achtsamkeitspraxis ist so vielfältig wie das Leben.


Jedes Objekt, jedes Wesen, jede Eigenschaft von Geist und Seele kann Gegenstand deiner Achtsamkeitsübung sein.


Achtsamkeit kann formal praktiziert werden: als ausschließlich meditative Aktivität für einen bestimmten Zeitraum.


Achtsamkeit kann im Alltag praktiziert werden: in jedem beliebigen Augenblick, in jeder deiner täglichen Aktivitäten.


Wenn man es genauer betrachtet, sind beide Herangehensweisen ein und das Selbe: Formale Praxis, wenn wir sie durchführen, ist Teil unseres Alltags. Jeder Augenblick unseres Alltags, in dem wir achtsam sind, wird formal gesehen zur Achtsamkeitspraxis.



Achtsames Verhalten


Oft wird mit dem Begriff Achtsamkeit auch "achtsames Verhalten" gegenüber Anderen gemeint. Achtsames Verhalten ist Teil der Alltagspraxis von Achtsamkeit.




Glück kommt von innen


Glücksempfinden ist unabhängig von äußeren Umständen, Objekten und Beziehungen.


Wenn wir uns an den Dingen der Welt vergnügen... an Menschen, Gegenständen, Situationen, Handlungen, Sichtweisen, etc., dann können wir dabei Glück empfinden.

Doch was ist, wenn diese Dinge verschwinden oder sich verändern?
Alles ist in Veränderung und nichts steht uns ständig zur Verfügung.


Wenn unser Vergnügen an diesen Dingen endet, verschwindet dann auch unser Glücksempfinden?


Nein.
Glück ist nicht Vergnügen.

Glücksempfinden ist essentieller Bestandteil des Empfindens unserer Lebendigkeit in all seinen Formen.


Ja, wir können auch leiden.

Wir können unter äußeren Umständen leiden.

Und auch unter inneren Umständen können wir leiden:
Darunter, was wir denken und fühlen, oder unter der Art und Weise, WIE wir denken und fühlen.
Oder, wenn wir uns von unserem Denken und Fühlen, von unserer Lebendigkeit, abschneiden.
Oder wenn wir das Glück im Vergnügen suchen.
Oder, oder, oder ...

Die äußeren Umstände können wir nicht immer beeinflussen:
Krankheit, Alter, Schmerz, Tod, Trennung und Verlust gehören zum menschlichen Leben, wie das Salz zum Meer.

Also wie kann dann Glücksempfinden unabhängig von all dem sein?

Die Praxis von Achtsamkeit lässt uns spürbar erleben, dass wir in jedem Augenblick die Wahl und den Gestaltungsspielraum haben, WIE wir unserer Wahrnehmung begegnen...

Von diesem praktisch erfahrbaren Wissen aus, ist es nur noch eine kleine und immerwährende Übungssache (oder Gewohnheit?) ...
und jeder Augenblick Achtsamkeitspraxis bringt uns konkrete Erfolgserlebnisse auf dem kürzesten Weg zurück ins Glück.


Ein Beispiel


Du machst dir Sorgen, ob ein Plan, den du gefasst hast, gelingen wird. Du malst dir gedanklich aus, was schiefgehen könnte. Vielleicht spürst du dabei Angst, Scham oder Trauer?


Bemerken


Du bemerkst, dass du dir Sorgen machst, ob dieser Plan, den du gefasst hast, gelingen wird.

oder:

Du bemerkst, dass sich deine Gedanken damit beschäftigen und ausmalen, was schiefgehen könnte.

oder:

Du bemerkst die Qualität deiner Gefühle, du fühlst wie es sich währenddessen in dir anfühlt.


Oft bringt schon dieses „Bemerken“ große Erleichterung.


Es ist ein kleiner Schritt im Prozess der Bewusstwerdung. Dieser Prozess hat kein Ziel und kein Ende. Jeder kleine Schritt der Bewusstwerdung bringt ein Stück Erleichterung, Freiheit, Ruhe, Verbundenheit, Klarheit und Einsicht.




Eine Achtsamkeitsübung in 7 Schritten

oder:

7 Achtsamkeitsübungen


Du kannst dich in deiner Praxis von Achtsamkeit, Mitgefühl und Dankbarkeit üben, indem du zum Beispiel die folgenden 7 Schritte gehst.


Auch jeder Schritt für sich genommen ist eine gute Achtsamkeitsübung.


Du kannst Achtsamkeit auch spielerisch oder tänzerisch üben. Zum Beispiel mithilfe der Spielraum-Angebote.



1 - Ich halte inne

Du schenkst deinen inneren Prozessen Aufmerksamkeit. Du wirst zum Beobachter dessen, was du denkst, spürst und fühlst. Du bist noch immer du selbst, aber du bist nun auch Beobachter deiner selbst. Daraus enstehen Bewusstwerdung, Entscheidungsvermögen, Unabhängigkeit und Ruhe.


"Die größte Freiheit liegt zwischen Reiz und Reaktion."


(Viktor Frankl, 1905-1997, Neurologe und Psychiater)



2 - Ich entspanne mich

Du entspannst dich. Beobachte und fühle deinen Atem. Entspanne deine Atemmuskulatur. Gib dem Atem Raum, tief in dich einzufließen und seinen eigenen Rhythmus und seine eigene Intensität zu entfalten. Dein Atem atmet von selbst. Ganz ohne dein Zutun. Spüre den Atem. Erkenne unnötige Muskelspannung, emotionale Spannung, gedankliche Anspannung... und löse sie, lass sie los - wie den Atem.



3 - Ich öffne mich

Du öffnest den Fokus deiner Aufmerksamkeit für alles was gerade da ist (anstatt dich nur auf einen Ausschnitt zu konzentrieren und dich daran festzubeißen). Du bemerkst, wenn sich deine Aufmerksamkeit an einem Thema, einem Objekt, einem Bereich oder einem Ausschnitt deiner Wahrnehmung festbeißt, lässt es los und gibst Anderem Raum: vielleicht auch Neuem... vielleicht noch Unbekanntem... vielleicht Altbekanntem.



4 - Ich lasse mich ein

Du lässt dich tief darauf ein, was da ist. Sieh hin, und vor allem: Spüre. Verfeinere deine Empfindsamkeit und achte auf die Details und Facetten deiner Gefühle und Empfindungen.

Übe Mitgefühl mit dir selbst. Sei empathisch mit dir. Übe Mitgefühl mit allem und jedem, das, der und die gerade in deiner Wahrnehmung auftaucht.

Erkenne deine Meinungen, Urteile und Sichtweisen. Sieh und spüre in alles noch einmal vorurteilsfrei und ohne blinde Flecken hinein. Durch deine Meinungen, Urteile und Sichtweisen hindurch, an ihnen vorbei, unabhängig von ihnen. Der Wahrheit auf den Grund spürend.



5 - Ich vertraue dem Prozess

Vertraue dem Prozess des Innehaltens, Entspannens, Öffnens, Einlassens, Vertrauens, Loslassens, Spürens, Dankbarseins, und allem, was darin auftaucht und was daraus entsteht.


Immer, wenn du den Faden verlierst, deine Aufmerksamkeit abschweift, deine Aufmerksamkeit an einem Lebensthema hängenbleibt, oder der Prozess dich emotional überfordert, beginne einfach von vorne:

Halte inne und entspanne dich. Du musst dich nicht öffnen, nicht einlassen. Du kannst.



6 - Ich frage mich

„Für was oder wen bin ich gerade dankbar?“

(In meinem Leben, in diesem Moment... früher einmal oder jetzt.)



7 - Ich lasse los

Die unbewusste und bewusste Bewertung deiner Empfindungen als angenehm, unangenehm oder neutral stößt einen psychischen Automatismus an, der auch das "Greifenwollen" genannt wird.


Beispiele für das Greifenwollen:


  • Greifenwollen als das Verlangen nach z.B. angenehmen Empfindungen.
  • Greifenwollen als der Wunsch nach Vermeidung von z.B. unangenehmen Empfindungen.
  • Greifenwollen als das Übersehen oder Ignorieren von z.B. neutralen Empfindungen.


Dieses Greifenwollen widerum stößt deine gewohnheitsmäßigen Gedanken- und Gefühlsmuster an, die dich zum Erdenken von Handlungsplänen oder zu direkten Handlungen motivieren, welche zum Ziel haben, das innere Greifenwollen in die Tat umzusetzen.


Das alles passiert in Sekundenschnelle.

Und bevor du dich versiehst, bist du in automatisierte Gedanken und Handlungen verstrickt, ohne nur einmal kurz innegehalten zu haben - ohne dir die Zeit und Achtsamkeit genommen zu haben, dich selbst, deine Empfindungen und die Welt erst einmal so zu fühlen und zu betrachten, wie ihr wirklich seid.


Dich selbst und die Welt zu fühlen und zu betrachten, wie ihr seid, ist eine Form des Mitgefühls. Von den meisten Menschen wird das als tief befriedigend, befreiend und erfüllend erlebt.


Wie kann ich also loslassen, statt greifen zu wollen?


Spüre konzentriert und offen deine tatsächlichen Empfindungen (bevor sie sich zu einem automatisierten Prozess des gedanklichen und handelnden Greifens verselbständigen, in dem kein Platz mehr für dein Spüren ist).

Überprüfe währenddessen aufmerksam, wie deine Bewertungen dieser Empfindungen sind: Bewertest du sie als angenehm, unangenhem oder neutral? (Damit hebst du deine automatisierten Bewertungen aus dem Unbewussten ins Bewusstsein, und unterbrichst den Auslöser für den Prozess des Greifens an seinem Ursprung.)


So kannst du deine Empfindungen tatsächlich fühlen und dein Gespür für sie sogar noch verfeinern, je weiter du in sie hineinfühlst.



Diese 7 Schritte sind nur eine von vielen Möglichkeiten, Achtsamkeit zu praktizieren. Achtsamkeitspraxis ist so vielfältig, wie die Vielzahl der Momente in deinem Leben.


Auch jeder Schritt für sich genommen ist eine gute Achtsamkeitsübung.


Du kannst Achtsamkeit auch spielerisch oder tänzerisch üben. Zum Beispiel mithilfe der Spielraum-Angebote.




Selbstliebe


Mit der Praxis von Achtsamkeit begibst du dich in eine liebevoll freundliche, offene, wache, aufmerksame, empathische, mitfühlende, zugewandte, nicht urteilende, unvoreingenommene und entspannte innere Haltung...

dem gegenüber, was tatsächlich gerade da ist...

dem gegenüber, was du tatsächlich siehst, denkst, fühlst, riechst, ertastest, hörst, schmeckst und empfindest...

auch deinem vielleicht gleichzeitig unentspannten, angstvollen, verwirrten, urteilenden, traurigen, wütenden, verzweifelten, erschöpften Ich gegenüber, das du gerade bist.


Sei dir selbst eine liebevolle Begleiterin, ein liebevoller Begleiter...

genau so, wie du gerade bist...

ohne anders sein zu müssen.


"Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist. Nicht, wenn er versucht etwas zu werden, das er nicht ist."


(Arnold R. Beisser, 1925-1991, Psychiater und Gestalttherapeut)


Hier das ganze Zitat.




Grundlos glücklich


Oft haben wir konkrete Vorstellungen von Glücksempfindungen:


Glück ist, wenn ich verliebt bin.

Glück ist, wen ich beliebt bin.

Glück ist der Geschmack von Schokolade.

Glück ist das Gefühl von Freiheit.

Glück ist es, nicht zu leiden.


Wenn wir diesen Vorstellungen nacheifern, setzen wir uns selbst unter Druck und verstellen uns selbst die Sicht darauf, wie wir gerade tatsächlich sind, was wir tatsächlich brauchen und welche Palette an Möglichkeiten sich uns tatsächlich bietet.


Glücklichsein ist keine Raketenwissenschaft


Es ist viel einfacher, als wir denken.


Wir haben große, komplizierte Pläne, unser Glück zu erreichen:


Den Partner fürs Leben finden... den Traumberuf... das ausreichende Einkommen... Gesundheit... Anerkennung... innere Ruhe... eine Familie gründen... die schnellste Schlange an der Supermarktkasse finden... endlich Feierabend... etc., etc...


Daran ist nichts Falsches. Das Leben ist ein riesiger, spannender Spielplatz für komplizierte Pläne und ausufernde Spielereien.


Und doch kann es auch so einfach sein:


Hier, jetzt, sofort, entspannt, unabhängig, unkompliziert und grundlos glücklich sein in jedem Augenblick, in jeder Lebenslage, in jeder Alltagssituation.


Denn Glück kommt von innen. Es ist unabhängig von äußeren Umständen, Objekten und Beziehungen.




Baches Glück


Du musst des Glückes Lauf nicht planen

dann wird es gluckern wie ein Bach

und lässt dich süß bald schon erahnen

als in manch Böschungs Erdenarmen

im Sonnnenwarmen

sein Wellenspiel ans Ufer lacht


Sein Bett zu messen und zu rahmen

das kommt dem Bach nicht in den Sinn

Hört man tief murmeln ihn,

hell mahnen?

Noch wie in Urzeit seine Ahnen

gibt er sich stetig seinen Bahnen

gleich jeder neuen Wendung hin




Kann ein Bach ohne Bett sein?


Ich möchte mit diesem Gedicht nicht anregen, sich ziellos oder planlos von inneren Regungen durchs Leben treiben zu lassen.


Der Bach und sein Bett sind beides Bilder für innere Prozesse.


Ich möchte dich mit diesem Gedicht anregen, das, was du tatsächlich spürst, auch wirklich zu spüren.


Nimm deine inneren Prozesse wahr:

So, wie sie sind – nicht, wie sie sein sollten, weil du oder andere sich das vielleicht wünschen.


Das hat alles erstmal gar nichts mit deinem äußerlich sichtbaren Verhalten zu tun.


Ich meine nicht: Lebe hemmungslos deine inneren Prozesse aus.


Ich meine: Schenke dir Mitgefühl. Sehe und spüre dich, wie du bist.


Ich meine nicht: Ergib dich passiv in deine Lebensumstände.


Ich meine: Sei deinem inneren Bach ein Bett.




Stille